Von einem vollen Buchgutschein gekauft, weil die Vorgängerreihe umwerfend war. Denn wenn etwas zum Spontankauf überzeugt, dann ist es Kai Meyer wie er über die Magie der Bücher schreibt.
2017 bei Fischer FJB erschienen ist „Die Spur der Bücher“ der Auftakt der Nachfolgetrilogie zu „Die Seiten der Welt“. Das Cover des 442 Seiten ist im Stile der letzten Bücher gehalten, mit Goldornamenten auf dem Cover, das ganzheitlich in Petrol gehalten ist. Einen winzigen Blick auf den anfänglichen Handlungsstrang, der sich wie erwartet noch maßlos potenziert, gibt der Text auf der Rückseite des Fantasy-Romans.
Dieser baut schon im Prolog den gefühlten Plottwist für die gesamte Trilogie auf. Insgesamt verfolgt der Leser die Protagonistin Mercy Amberdale, neunzehn, Waisenkind, der Ziehvater vor einem Jahr gestorben, die seltene Bücher für hohe britische Gentlemen besorgt. Von ihrem Beruf als Diebin kommt sie los, als ein Buchhändler inmitten seiner Bücher verbrennt, die Bücher aber nicht beschädigt sind. Durch verstrickte Beziehungen, Entführungen und einen weiteren Mord stößt sie auf Spuren ihrer Herkunft, die das Ende des Romans wie den Anfang eines übermenschlich großen Erzählstrangs wirken lassen.
Allgemein wirkt die Geschichte sehr mächtig, ja beinahe perfekt in ihrer grandiosen Durchdachtheit. Großartige Wendungen tauchen nicht auf, das Ende der Geschichte ist jedoch keinesfalls offensichtlich. Vielmehr steigert sich die Verstricktheit und Spannung kontinuierlich.
Der Ort des Geschehens ist das viktorianische London, Libropolis, 1880, etwa vierzig Jahre nach dem Sturz des Scharlachsaals, die adamitische Akademie, sehr patriarchisch eingestellt, hat die Macht in Londons bibliomantischer Welt. In London teilt sich Ober- und Unterschicht, unsere Protagonistin hat allerdings Kontakte in beiden.
Ihr Charakter ist trotzig, leicht rebellisch aber auch hilfsbereit, wenn es um ihre Freunde geht. Mercy kann grausam morden, und gleichzeitig wegen einem nicht verhinderten Tod der Bibliomantik abschwören. Sie wandelt sich konstant zwischen adrette Dame und gewiefter Diebin und steht die ganze Zeit vor ihrem größten Problem: ihren eigenen Ängsten und Schuldgefühlen. („Nie wieder Limehouse!“ ist ein Satz, der sehr oft fällt.)
Ein wahrer Gegenspieler lässt sich nicht direkt erkennen, der Unterschicht hat Mercy Amberdale nichts getan, und diese ist ihr auch nicht ebenbürtig, während all ihre potentiellen Feinde in Londons Elite eben nicht mit offenen Karten spielen.
Die Nebencharaktere in der Unterschicht sind Tempest und Philander, ehemalige Freunde Mercy's und ein Paar. Sie sind arm, aber nicht blöd. Durch Kontakte landen sie auch im Topf der Entführten und Ermordeten und sind, wie alle anderen Nebenfiguren, am Rande in Mercys Geschichte beteiligt.
Die Nebencharakter der Oberschicht haben alle komplizierte Namen und sind heuchlerisch und gewinnorientiert. Sie wollen, wie viele der bösen Romanhelden, eine Weltordnung in ihrem Sinne.
Aber wenn es eines gibt, was Londons Elite kann, dann ist es reden. Zusammen mit Mercy sind die Dialoge in „Die Spur der Bücher“ wunderbar mit englischer, distanzierter Höflichkeit, und hervorragendem britischen Humor gefüllt.
In seiner Gesamtheit ist der Sprachstil sehr elitär angehaucht, viel zwischenmenschliches findet zwischen den Zeilen statt.
So ist „Die Spur der Bücher“ ein Fantasy-Roman, den es Spaß macht zu lesen. Kai Meyer hat einen Auftakt zu einer Trilogie mit viel Potential geschrieben, auf die ich mich sehr freue. Allerdings erscheint „Der Pakt der Bücher“ erst im Herbst 2018. Bis dahin sollte man die Vorgänger-Trilogie „Die Seiten der Welt“ sowie „Die Spur der Bücher“ unbedingt gelesen haben.
Rezensiert: Die Spur der Bücher von Kai Meyer.
Love 'n' peace
Carolin Crazy
Feel free to comment, like or share.